Gregor ist ein schlechter Schüler

Gregor ist ein unruhiger aber äusserst liebenswürdiger Zweitklässler. Er schaut mich ernst mit seinen grossen dunklen Augen durch seine Kinderbrille an – fast erinnert er mich an Harry Potter. Seine schulischen Leistungen sind mangelhaft, er hat Mühe beim Schreiben und beim Konzentrieren. Zuhause wirkt sich seine Unruhe beim Schlafen und Essen aus. Nichts will ihm schmecken, der Appetit fehlt ihm und nachts wird es spät, bis er endlich Schlaf findet. Dies belastet die Eltern sehr, zumal auch ein kleineres Geschwister die nötige Aufmerksamkeit beansprucht.

Beim ersten Gespräch versuche ich mit Gregor eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen. Schon bald haben wir ein vergnügliches gemeinsames Tun gefunden: Gregor zeichnet Lastwagen für mich und erzählt dabei, was er alles macht und wenn es nicht ganz gelingen will, darf ich ihm ein wenig helfen. Nach einer Weile fühlt sich Gregor wohl und akzeptiert und ist bereit, an meinen Computer zu sitzen, um ein Neurofeedback-Training, das in der ersten Sitzung jeweils vor allem auch einer Bestandesaufnahme der Hirnwellen und einer Analyse derselben dienen soll. Aufgrund der Resultate des ersten kurzen Trainings wird dann ein geeignetes Training geplant, das die Hirnwellen reorganisieren soll. In Gregors Fall zeigt es sich, dass er überdurchschnittlich viele Thetawellen produziert, die auf die Aufmerksamkeit beeinträchtigend wirken und auch eine störende Auswirkung auf das Schlafverhalten haben können. Allgemein sind seine Wellen eher unruhig und wenig koordiniert.

Gregor sitzt interessiert am Computer. Wir besprechen seine Hirnwellen und beschliessen weiter zu trainieren. In den kommenden Sitzungen trainiert Gregor anfangs unserer Stunde zuerst am Computer. Seine Trainingszeiten sind anfänglich noch sehr kurz, da sich sein Hirn an die neue Herausforderung gewöhnen muss. Er versucht sein Schiff sicher durch die Wellen zu steuern und möglichst viele Punkte zu machen. Wenn es ihm gelingt, den Vulkan auf der Insel zum Ausbruch zu bringen, freut er sich riesig. Zumal dann auch noch ein farbiger Stein aus meiner Sammlung als Belohnung winkt.

Anschliessend an das Training setzen wir uns wieder und zeichnen zusammen. Bald aber beginnen wir mit Rollenspielen. Der Bernhardinerhund wird mit einem guten Verband am Bein versorgt, da er es gebrochen habe. Nun wird er aber von seinen Tierfreunden um Hilfe gerufen, denn der Löwe will angreifen und ausgerechnet das sympathische Huhn fressen. Doch der mutige Hund – Gregors Lieblingstier – ist fähig, trotz Handicap, dem verletzten Bein, den Löwen mutig zu verjagen. Beide sitzen wir glücklich da, wie die Tiere zufrieden ins Bett gehen und der Löwe in seinem Käfig versorgt worden ist.

Die Therapie mit Gregor verläuft erfolgreich. Er schläft schon nach wenigen Sitzungen gut, was die familiäre Situation deutlich entspannt. Die Eltern haben wieder mehr Ruhe und Zeit auch für sich und können Kraft und Energie für die Tage mit ihren aktiven Kindern sammeln. Auch das Essen scheint ihm schon sehr bald besser zu schmecken. Er wagt es, neue Speisen zu testen und entdeckt, dass er auch noch andere Gerichte gerne mag. Die Mutter ist glücklich über das entspannte Essverhalten und auch über seine allgemeine Entwicklung.

Aus der Schule kommen positive Rückmeldungen. Gregor wird aufmerksamer und fähig, gesund und gut fokussiert zu arbeiten. Die Lehrer sind auch zufrieden.