Neuro­feed­back Sym­posium 2009, Zürich

Das Symposium zum Thema Neurofeedback wurde vom Uni-Que Neurotherapie-Team der Uni Zürich organisiert. Folgende Wirksamkeitsstudien wurden vorgestellt und diskutiert.

Bericht von Marie-Helen Lüchinger.

Schweiz: Prof. Dr. D. Brandeis und Frau Dr. Drechsler sprechen über Neurofeedback bei ADHS, eine Effizienzstudie und neue Methoden

Frau Dr. Drechsler: Zu den ADHS Merkmalen gehören Hyperaktivität, Impulsivität, Unaufmerksamkeit, Zappeln, innere Unruhe, immer in Bewegung sein, platzen mit Antworten heraus, Ungeduld, andere unterbrechen, Flüchtigkeitsfehler, nicht zuhören, schwache Organisation, unkonzentriert. Es werden v.a. drei Subtypen unterschieden: der unaufmerksame, der hyperaktive und der kombinierte Subtyp. Mögliche Ursachen: Genetik, Frühgeburten, Alkohol, Bleivergiftung.

Neurofeedback hilft die langsamen Frequenzbänder, die bei ADS erhöht feststellbar sind, zu mindern. Manchmal ist auch Beta, die hohen Frequenzbänder, erhöht, da kann ebenfalls normalisierend trainiert werden, wie auch bei zu vielen Alphawellen, was seltener anzutreffen sei. Es kann auch Reifungsverzögerung beobachtet werden. Das Hirn gibt dann ein Bild eines jüngeren Kindes. Immer aber sind erhöhte Thetaamplituden zu beobachten. Wichtige Feststellung: Es gibt auch Kinder mit wenig auffallendem EEG, die dennoch ADS haben! Dann kann im Slow Cortical Potential Auffälligkeiten beobachtet und mit dieser Methode viel bewirkt werden. Dann wird in den tiefsten Wellenbändern trainiert.

Als ADS-Test wurde der Continous Perfomance Test angewendet bei dem über längere Zeit unter den verschiedenen Buchstaben immer das X, das einem A folgt, mit Drücken einer Taste, bezeichnet werden soll. Dabei wird das CNV mit Erwartung und Bereitstellen, dann Starten getestet, denn dies sind die wichtigsten sensomotorischen Fähigkeiten: ein Aufbauen der Anspannung und eine Entspannung.

Geeignet ist für diese Trainings der zentrale Bereich des Hirns (C3, Cz, C4), da sich hier das sensomotorische Areal befindet, das für Motorik und Sinne zuständig ist.

Wirksamkeitstest: es werden zwei Gruppen trainiert, eine mit Verhaltenstraining, eine mit Neurofeedback.

Testergebnis: Neurofeedback wirkt nachhaltiger und vor allem wird eine Zunahme des IQ feststellbar. Gute Resultate

Prof. Dr. D. Brandeis stellt folgende Studie vor: Tomografisches Neurofeedback: Sehr interessante Ergebnisse, allerdings noch sehr teuer, da mit kleinen Elektroden direkt im Gehirn trainiert wird. Dies ist eine teure Angelegenheit. Gute Resultate! Es wurde vor allem im anterioren Cingulum trainiert, da ist eine Unteraktivität der Hirnwellen feststellbar und eine erfolgreiche Regulierung bei gezieltem Training zu messen. Deutliche Verbesserung.

Prof. Dr. N. Birbaumer spricht über die geschichtliche Entwicklung des Neurofeedbacks, Tübingen, Deutschland

Joe Kamiya, USA, konnte aufzeigen, dass ein Training mit den Alphawellen heilende Effekte auf Ängste habe. Sie wirken entspannend und oszillieren im ganzen Gehirn. Die Theta-Wellen haben nebst störenden Effekten auch positive Wirkungen. Vor allem sind sie wichtig im tiefen Schlaf. Es können auf ihnen auch hochfrequente Betawellen festgestellt werden, denn die Hirn-Wellen überlagern sich und zeigen immer ein komplexes Gebilde.

Der sensomotorische Rhythmus, oder der mu-Rhythmus ist wichtig. Je mehr mu-Rhythmus generiert werden kann, desto weniger sind Epilepsie-Anfälle zu verzeichnen.

N. Miller hat aufgezeigt, dass das vegetative Nervensystem autonom und lernfähig ist! Damit wird das Neurofeedback möglich und ein verändertes Verhalten und Befinden ebenso. Prof. Birbaumer spricht über das Misstrauen der etablierten Forscher in den 80er Jahre des 20. Jahrhunderts. Vor allem in Amerika gab es wenig Geld zum Forschen. In Europa war dies besser, weil sich die Wissenschaftler zurückhaltender verhielten. Um das Misstrauen zu umgehen, verwenden die Forscher heute oft den Begriff Brain Computer Interface für Neurofeedback. Dadurch konnte das Vertrauen verbessert werden. So konnte gezeigt werden, dass Neurofeedback, oder Brain Computer Interface, wirksam ist.

Die willentliche Intention nützt nichts, aber mit Neurofeedback ist Veränderung möglich. So konnte ein Gelähmter seine Hand bewegen, obwohl alle Nerven durchtrennt waren. Weshalb? Es gibt immer einen Rest von Faserzellen: im Hirn sind es 90 %, die nichts tun! das ist ein grosses unbenütztes System und das kann in Not aktiviert werden. Die stillen Fasern werden aktiv. Neurofeedback aktiviert sie, eine Verbesserung wird möglich.

Wichtig: Das emotionale System lässt sich wie das kognitive System verändern!

Beim Training spielt die Verzögerung nicht eine so grosse Rolle, denn das Hirn hat sich an kleine Verzögerungen gewöhnt.

Prof. Birbaumer vertraut den jungen Forschern, die sich auch vermehrt mit Schizophrenen und Depressiven befassen wollen. Er ist enorm positiv eingestellt, voller Zuversicht.

Dr. U. Strehl, spricht über Neurofeedback bei Epilepsie und ADHS

Hilft Neurofeedback bei Epilepsie und bei ADS? Um dies zu beantworten, haben U. Strehl und ihr Team alle ihre Forschungsarbeiten durchsucht. Sie kamen zu einem positiven Schluss: Neurofeedback hilft. Sie legen grossen Wert auf den Transfer, den sie üben lassen. Interessant ist dabei der Umgang mit Epileptikern, die üben lernen, Kontrolle über ihre Anfälle zu erhalten, indem sie spüren lernen, wann ein Anfall kommen könnte und um dann sofort eine Handlung zum Vermeiden eines Anfalles durchzuführen. Das kann z.B. aufmerksames Rechnen oder etwas Riechen sein, Massieren der Finger, oder bei Schwindel als Vorzeichen, einen Punkt fokussieren, wie z.B. auf die Armbanduhr schauen, etc. – diese Strategien werden mit den Patienten besprochen und eingeübt.Der Erfolg ist gross. Dabei gehört Stress vermeiden, Angst abbauen ebenso dazu. Neurofeedback hilft! Und eine Kontrolle der behandelten Patienten nach 10 Jahren zeigen sehr gute Resultate. Es wirkt immer noch.

Wichtige Beobachtung: Die Beziehung zum Therapeuten ist wichtig, die kognitive Verarbeitung, die Psychoedukation, die Verbesserung der Wahrnehmung, v.a. die Selbstwirksamkeitserwartung, sowie das psychotherapeutische Geschehen.

Österreich: Dr. K. Hoedlmoser, Forschung und Perspektiven zum Thema Schlaf und Bio/Neurofeedback

In dieser Studie wird vor allem der Schlaf erforscht in einer Schlafklinik in Salzburg. Es werden gesunde Studenten, mit gesundem Schlaf getestet, sowie Menschen mit Insomnie, schweren Schlafstörungen.Feststellung: Beim gesunden Schlaf werden typische Schlafspindeln in der Frequenz von 12-15 Hz auf dem sensomotorischen Areal (C3, Cz, C4)beobachtet. Eine Zunahme der Schlafspindeln bewirkt besseren Schlaf, und auch ein verbessertes Gedächtnis. Als Test wurden 160 Wortpaare vorgestellt, die man möglichst gut erinnern können musste, z.B.: Hund und Käse, Blume und Milch, dabei wurde später Hund gesagt und Käse musste darauf folgend genannt werden, etc.

Dr. Schabus: Forschung und Perspektiven zum ThemaSchlaf und Biofeedback/ Neurofeedback, Universität Salzburg

Hypothese: 10 Sitzungen mit SMR auf C3, 8 Mal 3 Minuten (24 Minuten) verbessern den Schlaf und damit das Gedächtnis. Ergebnis: Hohe Korrelanz von Intelligenz und Schlaf (Learning by night), das thalamo-corticale Netzwerk wird verbessert, dadurch entsteht eine allgemein bessere Hirnvernetzung. Auch der Schlaf wird verbessert! 25 Stunden Training über mehrere Wochen wären gut, aber, die Forscher erhielten nur 10 Stunden Training erlaubt für die Studie.

Nun wurde bei schweren Schlafstörungen getestet, was dieses relativ kurze Training bewirken kann. Ergebnis: durchwegs gute Resultate, die lange anhielten! Allerdings konnte bei diesen Patienten keine Verbesserung der Gedächtnisleistung festgestellt werden. Es wird vermutet, dass Menschen mit chronischen Schlafstörungen noch andere Auffälligkeiten in Bezug auf Merkfähigkeiten aufweisen, die erforscht werden müssten.

Ergebnis: Neurofeedback verbessert den Schlaf! Ein- sowie Durchschlafen werden deutlich verbessert und bei gesunden Probanden verbesserte sich auch die Merkfähigkeit!

Dr. T. Hartmann und Dr. N. Weisz: Neurofeedback und Tinnitus, Universität Konstanz

Die Balance zwischen Erregung und Hemmung soll erreicht werden. Die Studie zeigt, dass Heilung nicht möglich, aber eine deutliche Verringerung der Empfindungen möglich wird! Gute Resultate. Zunächst wurde ein Überblick über den Ablauf im Gehör dargestellt. Dabei wurde der Weg des Tons über die Kochlea zum Hirnstamm über das lymbische System zum auditiven Cortex aufgezeigt – nähe dem sensomotorischen Areal auf den temporalen Cortex. Tinnitus kann mit einer Packung Aspirin ausgelöst werden und somit wurde es möglich, Tests mit Neurofeedback zu machen. Mit Freiwilligen! Eine Gruppe von 15 Tinnitus Patienten wurden untersucht, die deutlich weniger Energien in Alpha-aber deutlich mehr im Delta-Band aufwiesen , und eine Gruppe von normalen Patienten mit gutem Gehör. Dabei wurde festgestellt, dass bei Tinnitus eine Gamma-Erhöhung feststellbar ist. Wenn Gamma einen gewissen Punkt überschreitet, dann haben wir auffallende Wahrnehmungen. Zudem ist zu wenig Alpha sichtbar. Deshalb wird folgendes Training geplant: Linke und rechtes sensomotoirsche Rinde (C3 und C4: Alpha) Aufbau von 8-12 Hz, Delta runter! Eine deutliche Veränderung des Tinnitus wurde feststellbar! Vor allem wurde das Leiden als weniger störend empfunden. Es kann gesagt werden, dass Gamma auf Aktivitäten in gewissen Arealen hinweist. So auch hier, wo bei wenig Alpha, mehr Gamma ersichtlich ist im auditiven Cortex.

Abschliessend kann gesagt werden, dass das Symposium auf grosses Interesse gestossen ist und dass sehr interessante Studien die Wirksamkeit von Neurofeedback beweisen.